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MÖRDERFALL IM ISARTAL
Der Dingolfing-
Kurzbeschreibung
In Dingolfing, einer verschlafenen 20.000-
Kriminalhauptkommissar Rudolf Kapellmeister wird aus Landshut abgestellt, den Fall aufzuklären. Der erfahrene Ermittler stösst im Sumpf des Verbrechens der trügerisch friedlichen Stadt jedoch alsbald an seine Grenzen, obwohl in der jahrzehntelangen Karriere des Kriminalers bisher noch kein Mord unaufgeklärt blieb.
Sollte diese Strähne etwa gerade in Dingolfing reißen?
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Seitenzahl der Druck-
Leseprobe
Längst hab ich ihn wahrgenommen, diesen heruntergekommenen Sechzehnjährigen. Er lacht über mich, über meine Zuckungen. Ich hab es schon am vorigen Regal aus den Augenwinkeln gesehen, wie er zu mir herüber stiert und seinem blassen, kahl rasierten Kumpel prustend den Ellbogen in die Seite rammt. Seitdem schleicht mir der Idiot hinterher und amüsiert sich über mich.
Ich bin es ja gewöhnt, dass mir die Leute verstohlen hinterher gaffen, weil ich „anders“ bin, weil ich einen Tick habe, weil ich das schlecht kontrollieren kann. Aber dieser Typ mit der schmuddeligen, durchlöcherten Jeans, dem schmutzigbraunen Shirt und dem eklig aussehenden Nasenring ist mal wieder einer von der harten Sorte! Er lacht offen über mich und findet sich cool. Ich kenne diesen Typus Homo Sapiens, dem die Gefühle anderer vollkommen Wurst sind und der sich am liebsten Opfer aussucht, die vermeintlich schwächer sind als er. Kinder, Omas, Rollstuhlfahrer und so.
Feige Sau!
Wenn mir die Leute hinterher gaffen, stört mich das kaum. Wie gesagt, das bin ich gewöhnt, das geht mir, dank meines Therapeuten, der auch gleichzeitig mein bester Freund ist, am Arsch vorbei.
Wenn man, wie ich, seit mehr als fünfzehn Jahren mit dieser bescheuerten Krankheit lebt, dann lernt man, damit umzugehen. Auch mit den Idioten lernt man umzugehen, die Deppen sterben ja nicht aus, nein, die vermehren sich munter weiter und gehen unbescholtenen Bürgern auf die Eier! Die Nervigen lernt man zu ignorieren, und gegen die Aggressiven lernt man sich zu wehren.
Manche sind allerdings rücksichtslos und würden sich gerne vor ihren Freunden profilieren. Das sind die Schlimmsten! Ich kenn das, hab das schon mehrmals schmerzvoll erfahren müssen. Instinktiv weiß ich, als ich nun im „Kaufland“ so am Schokoladenregal stehe, dass es heute mal wieder so weit ist: Ein vollkommener, ausgewachsener Hanswurst kreuzt meinen Weg! Nur gut, dass ich inzwischen bestens auf so etwas vorbereitet bin. Dennoch regt es mich auf, dass sich hier so ein Dödel rumtreibt, und das macht es freilich nur noch schlimmer, weil ich immer, wenn ich mich aufrege, mehr und stärker zucke und die Wörter auch immer lauter werden.
„Verfickt!“
„Ja was ist denn das?“, platzt es erschrocken aus einer älteren Dame heraus, die gerade in dem Augenblick, als ich unkontrolliert dieses Wort sage, ihren Einkaufswagen an mir vorbei schiebt.
„Verzeihung…bumsdidel!“, versuche ich mich zu entschuldigen, wobei mein Kopf abrupt nach rechts zuckt und meine rechte Schulter gleichzeitig nach links. Hinter mir kann ich hören, wie Hanswurst in schallendes Gelächter ausbricht. Die Dame schiebt irritiert weiter. Ich kann das Reißen in der Schulter nicht mehr kontrollieren und ärgere mich darüber, was die Sache aber leider nur noch weiter verschlechtert.
„Filzlaus! Bumskopf!“, sprudelt es aus mir heraus, ohne dass ich es auch nur im Ansatz verhindern könnte. Da baut sich Hanswurst auch schon drohend vor mir auf. Noch lacht er aber abfällig. Von seinem angerosteten Nasenring fällt ein schmieriges Tröpfchen auf den Boden.
„Wer ist hier ein Bumskopf?“, will der Depp jetzt von mir wissen, was mich unheimlich aufregt. Da ist die Antwort in meinem Gehirn schon längst vorprogrammiert, ohne dass ich da etwas dafür tun muss. Ich glaube, da reicht schon allein der Anblick des Tröpfchens aus, wie es auf den Fliesen zerplatzt. „Dödel! Bumsvallera!“, schreie ich, ohne es unterbinden zu können. Ich hab das in solchen Situationen einfach nicht im Griff, zumal ich ja genau weiß, was passieren wird. Deshalb kommt der Schlag auch ganz und gar nicht unerwartet. Wie gesagt, ich kenne diese Arschgeigen zur Genüge!
Noch bevor seine Faust mich treffen kann, zucken meine beiden Arme nach oben, schleudern den angreifenden Arm grob zur Seite und mit einer ausladenden kreisenden Bewegung den ganzen Kerl nach hinten, so dass er mit dem Rücken hart an das Regal mit den Waffeln und Keksen stösst, worauf sich einige Packungen in Richtung Boden auf den Weg machen.
In der Visage von Hanswurst zeichnet sich Überraschung ab. Der hatte nicht damit gerechnet, dass sich eines seiner Opfer auch mal wehren könnte! Einen Augenblick lang überlegt er, was er tun soll. Ich kann es ihm direkt ansehen, dass ihm nicht wohl ist in seiner Haut. Eigentlich hat er schon genug, aber es ist ja dummerweise sein Freund dabei, vor dem er den großen Macker markieren muss! Jetzt ist er in der Zwickmühle, weil er ahnt, dass ich doch kein so leichtes Opfer sein könnte!
„Zipfelzapfel!“, kommt es aus meinem Mund. Die Situation regt mich total auf. „Fickfick!“ Mit jeder dieser Artikulationen wirft es mir den Kopf wieder nach rechts und die Schulter nach links. Ich müsste mich beruhigen, aber ich weiß es ist noch nicht vorbei! Hanswurst bekommt nämlich ein ganz ernstes und zu allem entschlossenes Gesicht. Ich sauge tief die kühle Kaufhausluft ein und mache einen großen Hampelmannsatz, so wie man es bei der Aufwärmgymnastik macht, aber ich wärme mich nicht auf, sondern bringe auf diese Weise meine Zuckungen wieder für einen kurzen Augenblick unter Kontrolle und dann haue ich Hanswurst mit der Faust blitzartig eine aufs Hirn, so dass er wieder an das Regal prallt, weiter nach hinten torkelt, das Gleichgewicht verliert und dann der Länge nach auf den Fliesenboden klatscht. Dabei schlägt er so hart mit dem Hinterkopf auf, dass er sich gleich nicht mehr rührt. Eine Ladung Butterkekse prasselt noch auf ihn hernieder, dann ist es still. Ich höre nur noch die Kaufhausmusik und finde sie scheiße.
Das Zucken ist jetzt schlagartig vorbei. Ich hab mein Adrenalin raus gebracht aus meinem Körper, jetzt geht’s wieder. Unter dem ungläubigen Staunen des Freundes von Hanswurst und diverser anderer einkaufswilliger Subjekte, drehe ich mich um und gehe zur Kasse. Die Wörter haben auch aufgehört, die nächste Stunde bin ich jetzt Gott sei Dank von ihnen verschont. Da hat mir Hanswurst doch direkt was Gutes getan.
Allerdings hab ich vergessen, was ich eigentlich kaufen wollte!
Druckausgabe DIN-
ISBN 978-
14,95€
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